"Da entsteht ein visuelles Ergebnis, aber du hast physisch überhaupt keinen Widerstand", sagt Leo. Er ist Grafiker und Teil von Via Grafik, ein Gestaltungskollektiv und Designbüro mit seinen Ursprüngen in der Graffitikunst. Er trifft das erste Mal auf Virtual Reality und hat für uns eine 3D Software ausprobiert, die es ermöglicht im virtuellen Raum zu malen und zeichnen. Sein Endergebnis: ein dreidimensionales, digitales Kunstwerk, das er um den I.D. (Seriennahe Studie) herum kreiert hat.
Mit den wuscheligen Haaren, den feingliedrigen Gesichtszügen und seinem verstecktem Lächeln denkt man erst gar nicht, dass Leo mal die Graffiti Szene aufgemischt hat. Hat er aber. Als er erzählt, wie das Ganze losging, fängt er auf dem Schulhof an: "Das war halt ein subkultureller Kontext - man ist Skateboard gefahren und Freunde haben angefangen, ihre Namen auf Wände zu schreiben und man hat versucht nachzuahmen, zu imitieren." Mit der Sprühdose in der Hand lernt er, seiner Intuition und seinen Gesten zu vertrauen und darauf dass diese ein visuell starkes Ergebnis erzeugen können.
Sein Stil verändert sich, entwickelt sich weiter und wird beeinflusst von diversen
Genres. "Ich will dass meine Arbeiten auf den ersten Blick funktionieren. Es muss
knallen!" Die digitale Skulptur, die er bei uns im Studio entworfen hat, setzt den
I.D. (Seriennahe Studie) in ein ungewöhnliches Setting. Leo will aber auch, dass
die Leute dran bleiben, langfristig interessiert sind und sich die Details
anschauen.
Die 3D-Controller, die mit der VR Brille über den Augen wie Multifunktionspinsel
funktionieren, eignet er sich schnell an und ist fasziniert davon wie intuitiv sie
sich bedienen lassen. "Ich drücke drauf und habe direkt einen visuellen Effekt",
sagt Leo und erklärt, dass man dadurch schnell und furchtlos arbeitet, da man jeden
Schritt auch direkt wieder rückgängig machen kann. "Ich reagiere immer auf das, was
schon da ist und so entsteht alles Stück für Stück. Ich habe gar keine konkrete
Vorstellung davon, wie es später aussehen wird." Virtual Reality scheint sein
aktueller Schulhof zu sein.
Umwandlung des Analogen in digitale Kunst.
Auch wenn Leo sicher mit VR Brille und Controllern umgehen kann, weiß er nicht
genau, wie er das alles eigentlich nennen soll. Was macht er da überhaupt? Malen
ist es ja nicht, denn es ist 3D. Erschaffen klingt irgendwie zu größenwahnsinnig.
Er nennt es schlussendlich bauen.
Wir hatten den Eindruck, dass Leo sich auf seinem neuen Schulhof ziemlich wohl
fühlt. Das intuitive Konzept der Software ermöglicht ihm seine Graffiti-Erfahrung
einzubringen und direkt loszulegen. Wie schnell sich Leo die neue Technologie
aneignen konnte, ist beeindruckend. "Man erahnt das Potential, was in dieser Sache
steckt", findet er. Eine ähnlich intuitive Interaktion mit smarter Technologie kann
er sich auch im Auto gut vorstellen. "Hundert Knöpfe und versteckte Funktionen
nerven", meint Leo.
Spielerisch neue Möglichkeiten erlernen.
Stattdessen könnten zum Beispiel Sprachsteuerung und schlichtes, selbsterklärendes Design die Bedienung vereinfachen. Denn der Umgang mit spielerisch und schnell erlernbaren Geräten kann ganz schön fesselnd sein - wie man bei Leo sehen kann. Einfach so von jetzt auf gleich riesengroße Formen im Raum entstehen zu lassen, bringt offensichtlich Spaß und sieht zudem ziemlich beeindruckend aus. Leo nickt: "Ja, man fühlt sich ziemlich mächtig in Bezug auf den Raum". Ein paar Minuten später fragt er das Team nach einer Leiter. Das Ausprobieren hat ihn doch größenwahnsinnig werden lassen: Sein Arm reicht nicht mehr hoch genug für sein dreidimensionales, digitales Kunstwerk.
Intuitive Software.
"Ich reagiere immer auf das, was schon da ist und so entsteht alles Stück für Stück. Ich habe gar keine konkrete Vorstellung davon wie es später aussehen wird."
Leo "BOE" Volland kommt ursprünglich aus Heilbronn, lebt seit vielen Jahren in
Berlin und ist seit den späten 90er Jahren fester Bestandteil der Graffiti und
Street Art Szene. Zusammen mit Freunden hat er das Kunst und Design Collective Via
Grafik gegründet. Leos experimentelle Art zu arbeiten, von Installationen bis
ungesehener Nutzung von Farben, hat dazu geführt, dass er überregionale Bekanntheit
genießt und seine Kunst nicht bloß auf der Straße, aber auch in Gallerien und
Ausstellungen lebt.
@via_grafik